Der Golf definiert seit Jahrzehnten die Mittelklasse. Das soll sich mit der neuen Generation nicht ändern.
Der Golf ist, neben den diversen kleineren SUV-Modellen, der Bestseller aus Wolfsburg. Kein Modell ist wichtiger, kein Modell definiert Volkswagen stärker, als der Golf. Denn der Golf bietet, mit seinen diversen Modellvarianten, alles was ein Auto leisten muss. Wenn man keine großen Ansprüche hat, bekommt man für unter 20.000 Euro ein Auto, das alles richtig macht und einen sicher und bequem von A nach B bringt. Dementsprechend ist der Druck für jede neue Version sehr hoch. Aber wie macht man einen Wagen, der schon alles perfekt macht, noch besser?
Innen und Außen
VW hat sich zu einem Spagat entschlossen. In Sachen Exterieur ist man weiter konservativ geblieben. Der Golf war jetzt nie eine Stilikone, aber seine ruhiges und zurückhaltendes Design ist auch sein Markenzeichen. Statt Modetrends zu folgen, setzt auch der Golf 8 auf ein gutes, aber nicht sonderlich auffälliges Design. Im Vergleich zur asiatischen Konkurrenz mag das manchen langweilig erscheinen, aber mir geht das nicht. Ich mag das ruhige, aber eigenständige Design. Es setzt sich schön gegen die mir manchmal etwas zu aggressiv geratenen Varianten der Konkurrenz ab.
Während es also im Sachen Design von außen keine Überraschungen gibt, sieht das im Innenraum ganz anders aus. Man hat den Golf komplett aufgeräumt und entschlackt. Serienmäßig gibt es ein volldigitales Cockpit mit einem dem Fahrer zugeneigtes 8.5 Zoll großes Display. Dort findet man dann auch das komplett neue Infotaimentsystem, mit dem fast alle Funktionen des Fahrzeugs abgerufen werden. Das bedeutet vor allem weniger Knöpfe und Regler, was vielleicht nicht jedem gefallen wird. Das Wort „karg“ fiel bei den Kollegen durchaus öfter. Mir gefällt, was VW da gemacht hat.
Digitale Dienste
Spannend ist, was VW dem Golf an digitalen Diensten serienmäßig auf dem Weg mitgegeben hat. Es gibt eine (beim kurzen Test) gut funktionierende Sprachbedienung, einen Mobile Key und ein OTA-fähiges Infotainmentsystem. Das ist, so VW, dank eSIM „always on“ und besorgt sich die neusten Daten zum Beispiel für das Navigationssystem. Interessant ist, dass VW auch nachträgliche Upgrades mit eingeplant hat. Man kann also bestimmte Funktionen auch nachträglich noch freischalten lassen. Was dem Golf eine gewisse Zukunftssicherheit gibt.
Ebenfalls neu ist, dass man persönliche Einstellungen des Fahrzeugs (Sitzposition etc.) in einem Profil in der Cloud abspeichern kann. Diese Einstellungen lassen sich auch bei einem Fahrzeugwechsel abrufen. Das mag für den Privatbesitzer relativ unwichtig sein, aber VW wird den Golf ja auch im Sharing einsetzen und bietet die Speicherung enorme Vorteile.
Neu ist auch, dass Volkswagen dem Golf serienmäßig eine Car2X Kommunikationsschnittstelle mit auf dem Weg gibt. Dabei setzt man auf den WLAN-Standard (den auch die EU bevorzugt) und nicht auf den von BMW und der Telekom bevorzugtem 5G-Standard. Die Vor- und Nachteile beider Systeme hatte ich hier erläutert. Das VW dem Golf überhaupt schon auf Car2X setzt, ist eine kleine Sensation. Es macht den Golf noch weiter Zukunftssicher und bereitet ihn auch auf ein mögliches Upgrade auf die dritte Stufe des autonomen Fahrens vor. Ein sehr kluger Schachzug und vermutlich zementiert VW damit auch den WLAN-Standard in der Branche.
Bei den Fahrassistenten gibt es wenig Neuigkeiten. Natürlich setzt man beim Golf auf die letzten Entwicklungen auf dem Konzern, aber mehr als Level 2,9999 bekommt man auch nicht. Das liegt nicht an VW, sondern daran, dass es immer noch keine gesetzliche Regelung für das autonome Fahren der Stufe 3 in Deutschland und Europa gibt. Aber mit seinen diversen Assistenten ist der Golf von Stufe 3 nicht weit entfernt. Der „Travel Assist“ arbeitet vorausschauend, und reduziert die Geschwindigkeit vor Kurven, Ortseinfahrten, vor einem Kreisverkehr usw. Auf der Autobahn übernimmt er bis Tempo 210 km/h die Arbeit, allerdings muss man aus rechtlichen Gründen die Hände am Lenkrad lassen.
Motoren
Die Motoren sind zu einem großen Teil neu. So gibt es erstmalig einen Dreizylinder mit einem Liter Hubraum und 90 PS bzw. 110 PS im Golf. Dazu kommen zwei TFSI-Motoren mit 130 und 150 PS. Wer lieber einen Diesel hat, der findet zwei komplett neue Motoren im Programm. Die beiden 2.0 Liter Diesel leisten 115 oder 150 PS. Deren Abgasreinigung wurde komplett neu gestaltet. VW nennt das: Twindosing-SCR-Systems. Im Grunde handelt es sich dabei nun um zwei hintereinander liegende SCR-Katalysatoren, die beide mit AdBlue versorgt werden. Genau Angaben in Sachen NOx und CO2 hat VW da noch nicht gemacht.
Neu ist auch, dass man drei Benzinmotoren mit einem Mild-Hybridsystem ausgestattet hat. Dabei handelt es sich um einen 48 Volt Riemenstartergenerator, der den Verbrauch senken soll. Mit dem System lassen sich ein paar Meter elektrisch fahren, aber es geht vor allem darum, dass das System länger im Segelbetrieb verbleiben kann.
Für den Golf wird es auch zwei Plugin-Hybride geben, die etwas später auf den Markt kommen werden. Der Akku der Plugin wird eine Größe von 13 kWh besitzen. Damit sollte man mindestens 50 Kilometer weit kommen, aber auch hier fehlen noch die genauen Angaben von VW.
Eine vollelektrische Version des Golf wird es nicht geben. Das würde den im nächsten Jahr anlaufenden ID.3 gefährden.
Fazit:
VW hat den Golf vor allem unter dem Blech komplett neu gestaltet. Wie kaum ein anderer Hersteller hat Volkswagen dem Fahrzeug eine ganze Palette von zukunftssicheren Technologien zur Verfügung gestellt. Käufer, die sich jetzt für den neuen Golf 8 entscheiden, müssen also nicht befürchten, dass sie in zwei Jahren ein veraltetes Fahrzeug besitzen. Das ist ein starkes Argument gegenüber der Konkurrenz. Es zeigt auch, dass man bei VW das Thema der Digitalisierung sehr ernst nimmt. Wie das Gesamtpaket, vor allem mit den neuen interessanten Dreizylindern funktioniert, werde ich noch testen. Bisher konnte man den Wagen nur stehend betrachten.
Bilder: VW AG