Was bringen Tempolimits auf der Autobahn?

Und da ist sie wieder, die Diskussion ums Tempolimit auf der Autobahn. Und weil da jeder was zu sagen will, wird mal wieder mit vielen falschen Zahlen hantiert, vor allem was die Unfallzahlen angeht. Tatsächlich machen tödliche Unfälle wegen überhöhter Geschwindigkeit auf der Autobahn rund 6% aller Unfalltoten aus. Von den 3180 Unfalltoten im Jahr 2017 starben 187 wegen zu hohen Geschwindigkeiten oder der Witterung nicht angepasster Geschwindigkeit (Regen, Nebel etc.) Die 187 machen dann 44% aller Unfalltoten auf der Autobahn aus. Das sind immer noch 187 zu viel, aber es ist nicht so, dass überproportional viele Unfälle passieren, weil die Leute rasen. Die meisten tödlichen Unfälle gibt es auf Landstrassen und hier starben allein 675 Menschen, weil jemand zu schnell unterwegs war. Auf Landstrassen liegt die Durchschnittsgeschwindigkeit aber weit unter der einer Autobahn.

Im europäischen Vergleich liegt die Zahl der Unfalltoten auf der Autobahn in Deutschland pro gefahrenem Kilometer auch nicht höher, als in anderen EU-Ländern mit Tempolimit. Abhilfe, gerade auf Autobahnen, bringen bessere Fahrsicherheitssysteme, die selbstständig agieren (Notbremsassistenten, Pre-Sense Assistenten, halbautonome Systeme). Ich vermute auch, dass der verpflichtende Einsatz solcher Systeme in allen Fahrzeugen mehr bringt, als ein Tempolimit.

Eine andere Frage ist die nach niedrigeren CO2 Emissionen durch ein Tempolimit. Dazu gibt es Zahlen aus dem Jahr 2008. Die Einsparungen bei einem Tempolimit von 120 km/h würden rund 3.3 Millionen Tonnen CO2 erbringen. Das würde den Schadstoffausstoss auf Autobahnen um rund 9% senken. In Gesamtbilanz ist das dann allerdings wieder relativ wenig, denn der Verkehrssektor verursacht rund 170,6 Millionen Tonnen jährlich. Natürlich zählt jedes Gramm dass man einsparen kann und ein Tempolimit ist leicht umzusetzen, aber die Überwachung eines Limits verursacht wiederum andere Kosten und Probleme.

Es gibt „Experten“ die meinen, dass ein Tempolimit auch dafür sorgen würde, dass die Industrie langsamere Autos bauen würden. Das ist Quatsch. Da es außer in Deutschland in allen Industrieländern der Welt ein Tempolimit gibt, die Hersteller aber bis zu 90% ihrer Produktion im Ausland absetzen, müssten dort dann nur Autos gefragt sein, die wenig Leistung haben und langsam unterwegs sind. Dem ist aber nicht so.

Das Thema ist in Deutschland natürlich höchst emotional. Von wegen „freie Fahrt für freie Bürger“. Meiner Meinung nach erledigt die Frage in den nächsten Jahren aber sowieso von alleine, da man mit Elektroautos sowieso nicht so hohe Durchschnittsgeschwindigkeiten erreichen kann. Zum einen sind die meisten E-Autos früh abgeregelt, zum anderen werden die Fahrer feststellen, dass man bei dauerhaft hohen Geschwindigkeiten halt permanent an der Ladesäule stehen darf. Das allein wird dafür sorgen, dass die Geschwindigkeiten auf der Autobahn drastisch sinken werden. Ganz ohne Tempolimit.

Persönlich hätte ich nichts gegen ein Tempolimit. Meinetwegen könnte man das so regeln, dass ein Tempolimit bis 20.00 Uhr gilt und der Bürger, so er denn mal flotter unterwegs sein möchte, dies dann zwischen 20 Uhr und 6 Uhr morgens machen kann.

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Quellen:
https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressekonferenzen/2018/verkehrsunfaelle_2017/Pressebroschuere_unfallentwicklung.pdf?__blob=publicationFile

https://www.bundestag.de/blob/426624/05de33780e7751e97be28211e7f17be4/wd-5-144-07-pdf-data.pdf

https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/klimabilanz-2017-emissionen-gehen-leicht-zurueck

Eine Antwort zu „Was bringen Tempolimits auf der Autobahn?“

  1. Nun ja, sich aber hier alleine auf die Toten zu beziehen, halte ich ehrlich gesagt für deutlich zu kurz gedacht. Was ist denn mit den vielen Opfern, den Schwerverletzten, die auf der Straße wegen zu hoher Geschwindigkeiten (selbst gefahren und eben noch schlimmer: gar nicht selbst den Unfall dadurch verursacht) nicht immer nur sehr lange krank sind, teilweise ein Leben lang verstümmelt sind bzw. als Pflegefälle enden?